Tools und Designs für Self Care & Wellbeing mit Künstlerin Maria Scharl (Ep. 12)

Maria Scharl in ihrem Piercingstudio in der Burggasse 98 in Wien.

Maria Scharl (@betonmaedchen) ist Künstlerin und arbeitet als Piercerin unter dem Namen @schmuckesmaedchen. Das Thema Wellbeing begleitet sie sehr stark in ihrer Arbeit, weshalb sie auch sogenannte Tools for Self Care entworfen hat. Von einer Schreibtischordnung, die Platz im Kopf schaffen soll bis zu einem Faszienmassageball, der gleichzeitig als Designobjekt dient und einfachheitshalber an der Wand hängen kann.

Maria bekämpft das Patriarchat, wie sie selbst sagt, in Pastelpink. Dieser Design-Approach zieht sich durch ihr ganzes Studio sowie ihre Arbeit. Von den Gummihandschuhen, die sie beim Piercen verwendet, zu pinken Ritterflaggen in ihrer Kunst - für Maria ist Millenial Pink nicht nur eine trendige Pantone-Farbe sondern steht für sie für Widerstand indem sie dieser Farbe, die kulturell lieblich & schwach besetzt ist, Härte & Stärke zurück gibt.

Podcast mit Maria Scharl (@betonmaedchen)

Wir sprechen über:

  • warum Wellbeing nicht nur Yoga bzw. physisch ist

  • ihre Designs & Tools für Self Care

  • Fake it till you make it als Leitspruch

  • wie man Ängste umkonditionieren & sein Gehirn 🧠anatomisch verändern kann

  • Menstruationstassen bzw. die Periode als Tischgespräch

  • warum sich die Farbe Pink durch ihre ganze Arbeit zieht

  • warum sie ihre Erstausstellung nach sich selbst benannt hat

Links:

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Maria Scharls aktuelles Mantra: You can do this!

Ich würde meinen Weg zur Künstlerin als untypisch bezeichnen, da ich aus einer klassischen Arbeiterfamilie komme. Wir waren zwar eine sehr musikalische Familie aber hatten nie einen großen Bezug zur Kunst. Mit dem Umzug von Salzburg nach Wien hatte ich dann aber mein großes kulturelles Erwachen. Ich war immer schon ein sehr starker Freigeist und habe auch nicht typisch wie viele mit 18 Matura gemacht sondern habe stattdessen begonnen zu piercen. Ich habe dann aber aus Eigeninitiative über die Jahre sehr vieles nachgeholt, um mich selbstständig machen zu können.

Mit 25 habe ich begonnen an der New Design University zu studieren, was mir enorm wichtig war, um mich weiter zu entwickeln. Wenn du dich weiter entwickeln möchtest, brauchst du ein objektives Feedback. Und auf Ausstellungen ist das schwer zu bekommen, denn dort sagt dir klarerweise niemand seine ehrliche Meinung ins Gesicht.

Wellbeing ist nicht nur Yoga

Viele meiner derzeitigen Projekte drehen sich um das Thema Wellbeing. Aber für mich ist Wellbeing nicht zwingend nur etwas körperliches sondern auch etwas psychisches, politisches & intellektuelles. Wellbeing kann durchaus politisch sein, wenn es zB.: nicht genügend Therapieplätze für Menschen mit psychischen Krankheiten gibt.

Wellbeing bedeutet für mich einen Ausgleich zu finden. Dazu gehört auch: sich nicht noch mental zu bestrafen weil ich es physisch nicht zum Yoga geschafft habe. Das ist für mich die Essenz von Wellbeing.
— Maria Scharl

Ich arbeite sehr viel, möchte das aber gar nicht glorifizieren, denn es ist nicht gut für meinen Körper oder Geist. Das ist aber etwas was in unserer Leistungsgesellschaft anerkannt wird, aber ich sehe wie Menschen daran kaputt gehen. Wellbeing bedeutet für mich einen Ausgleich zu finden. Und auch wenn das körperlich nicht möglich ist oder ich es nicht auf die Reihe bekomme, dann kann ich zumindest geistig darüber reflektieren und mir eine Auszeit nehmen. Dazu gehört auch: sich nicht noch mental zu bestrafen weil ich es physisch nicht zum Yoga geschafft habe. Bei so etwas ist es umso wichtiger, dass man nett zu sich selbst ist & solche Sachen auch verzeiht. Das ist für mich mehr die Essenz von Wellbeing.

Tools for Self Care - Wie ritualisiert man das zur Ruhe kommen?

Mein Leben ist davon gekennzeichnet, dass ich oft die Unterhaltungen leiten muss - sei es beim Piercen sowie in der Kunst- und Designwelt. Unsere Welt ist sehr auf extrovertierte Leute ausgerichtet, weshalb ich mir das angelernt habe aber es widerspricht eigentlich meiner Natur. Ich nehme mir dann aber auch als Ausgleich komplette Ruhe wo ich mit niemandem reden muss.

Wenn du mich konkret nach einem Self Care Tool fragst, würde ich sagen die Badewanne. Ohne Badewanne könnte ich nicht existieren. Ich gehe manchmal auch morgens baden. Mein Freund hat keine Badewanne und ich habe auch schon gegoogelt wie man aus einer Dusche eine Badewanne zaubern kann. Vielleicht muss ich da selbst etwas erfinden.

Für eine Verhaltenstherapie habe ich ein Keramikstück entwickelt, dass man bei psychischen Störungen mit Dissoziation (Entfernung von der Realität) verwenden kann. Man kann es ans Ohr halten und Meeresrauschen lauschen, es beschreiben, daran riechen, unterschiedliche Texturen fühlen und eine Ausbeulung davon drückt direkt auf den Anti-Stress-Punkt in der Hand - das soll dich durch alle Sinnesreize zurück in deinen Körper bringen.

Außerdem habe ich einen Meditationspolster und einen Faszienmassageball entworfen. Das gibt es zwar alles schon aber ich denke da gibt es designtechnisch definitiv noch Luft nach oben.

Fake It Till You Make It

Bei einem Panel Talk letztes Jahr habe ich mich aktiv gezwungen zu reden und nicht das stille, junge Mädchen zu sein sondern eine laute, selbstbewusste Frau. So habe ich mich im Moment natürlich gegenüber zwei alten, weißen Männern überhaupt nicht gefühlt aber fake it till you make it.
— Maria Scharl

In so richtig stressigen Phasen zB.: vor Prüfungen, wenn mir die nervöse Energie im Raum auch einfach zu viel wird, gehe ich aus dem Klassenraum, setze mich in eine ruhige Ecke & mache eine geführte Meditation. Das hilft mir nicht so verkopft zu sein und mir selbst zu vertrauen. Ich möchte niemand über einen Kamm scheren, aber ich denke ein schwaches Selbstvertrauen ist doch auch etwas mit dem eher Frauen zu kämpfen haben. Weshalb es umso wichtiger ist selbstsicher und selbstbewusst aufzutreten. Wenn man aber gleichzeitig versucht die männlich starken, dominanten Verhaltensweisen zu imitieren hat das nicht die gleiche Wirkung wie wenn ein Mann das macht. Ich gehe deshalb in Talks von Haus aus mit der Einstellung rein, dass ich es sowieso niemandem Recht machen kann, was mir sehr hilft. Bei einem Panel Talk letztes Jahr habe ich mich aktiv gezwungen zu reden und nicht das stille, junge Mädchen zu sein sondern eine laute, selbstbewusste Frau. So habe ich mich im Moment natürlich gegenüber zwei alten, weißen Männern überhaupt nicht gefühlt aber fake it till you make it. Man wächst nur an Sachen, die einen im Vorhinein Angst machen. Ich war danach auch echt stolz auf mich.

Ich führe auch ganz aktiv Gespräche mit mir selbst. Ich weiß nicht, ob das normal ist. Aber das ist etwas was ich auch beim Piercen über die Jahre gemerkt habe, wenn ich mit Leuten rede. Jeder Mensch hat dieses Gefühl, dass er/sie nicht normal ist. Alles was es aber eigentlich braucht um sich nicht mehr so zu fühlen, ist darüber zu sprechen. Dadurch merkt man schnell, dass man nicht alleine ist.

Amygdala 🧠 - Furchtkonditionierung

Durch das aktive Üben und Trainieren eines Gedanken mit zB.: Meditation kann das Gehirn anatomisch so verändert werden, dass es Stress- und Furchtfaktoren nicht mehr so intensiv wahrnimmt.
— Maria Scharl

Die Amygdala ist ein Areal im Gehirn, indem ua. Furchtkonditionierung stattfindet aber auch Autismus und Depressionen können auf eine Fehlfunktion der Amygdala zurück zu führen sein. Dieser Teil des Gehirns kann anatomisch verändert werden durch das aktive Üben und Trainieren eines Gedanken. Eine Studie hat gezeigt, dass sich das Areal nach einer 8-wöchigen Konditionierung mit Meditation so verändert hat, dass es Stress- und Furchtfaktoren nicht mehr so intensiv wahrgenommen hat. Natürlich kann man nicht alles mit positivem Denken gut reden aber ich versuche mein Leben doch damit zu steuern.

These are not your heroes & Menstruation als Tischgespräch

Ich versuche in meiner Kunst Gesellschaftsstrukturen bzw. Realitäten, die einfach so als wahr hingenommen werden, zu hinterfragen. Zum Beispiel bei meiner “These Are Not Your Heroes”-Flaggenserie, bei der ich bei einem Festival mit pinken Ritterflagen auf denen der Name misogyner Künstler standen, einen Schandweg kreiert habe, um die Festivalbesucher zum Nachdenken zu bringen von wem sie denn Kunst konsumieren.

Mit den Mooncups aus Keramik, die man als Schnapsgläser oder auch Sojasaucebecher verwenden kann, wollte ich Menstruation wortwörtlich zum Tischgespräch machen.

Q & A:

Künstlerin Maria Scharl

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